Hockey Nachrichten

"In den Dialog kommen, um offene Fragen zu diskutieren!"

DHB-Präsident Stephan Abel zur momentanen Situation in Bundesliga-Hockey

 

18.06.2010 - Am Wochenende geht mit dem Fest des Deutschen Hockeys ein ereignisreiches Bundesligajahr zurück. Auf der einen Seite konnte das deutsche Vereinshockey mit den Europapokalsiegen des Club an der Alster und von RW Köln in der Halle sowie dem EHL-Gewinn der UHC-Herren und dem zweiten Europapokal-Rang der UHC-Damen große Erfolge feiern. Auf der anderen Seite gab es zu mehreren Themen kontroverse Diskussionen zwischen einigen Clubs und der Verbandsführung. DHB-Präsident Stephan Abel äußert sich im Interview zur Situation im Bundesligahockey.

 

Herr Abel, ein Bundesligajahr geht am Wochenende mit dem Fest des Deutschen Hockeys zu Ende, das sowohl in der Halle als auch im Feld Konfliktpotenzial mit den Vereinen beinhaltete. Wie sieht Ihre Bilanz diesbezüglich aus?

Stephan Abel: Wenn wir mal mit der Halle anfangen, dann geht es sicher um den Einsatz der Nationalspieler. Schon unsere Vorgänger im Präsidium haben mit der Regionalisierung der Hallen-Bundesliga versucht, auf den engen internationalen Kalender zu reagieren. Dadurch hat sich die Hallen-Spielzeit bereits verkürzt. Die Regionalisierung hat dazu geführt, dass in den einzelnen Ligen in Bezug auf die Spielstärke qualitative Unterschiede bestehen – das war kaum zu vermeiden. Letzte Saison war das Ungleichgewicht dann extrem, weil die Feld-Weltmeisterschaft so extrem früh angesetzt war. Dadurch sind besonders die Vereine betroffen gewesen, die Feld-Nationalspieler in ihren Reihen haben.

 

Können Sie die Sichtweise der Clubs nachvollziehen?

Selbstverständlich kann ich das. Es ist aber nun einmal Aufgabe des DHB, den Sport in der Gesamtsicht weiter zu entwickeln. Da kommt es leider manchmal zu Interessenskonflikten mit den Vereinen, die in der Leistungsspitze stehen und Nationalspieler stellen. Nur hat der DHB leider in Abhängigkeit vom internationalen Kalender und von den Zuwendungen des Bundesministeriums des Inneren zu agieren. Und diese Zuwendungen erfolgen nun einmal nur für das Feldhockey.

 

Also hat das Hallenhockey zurückzustehen…

Wir sind weiterhin in jedem Fall der Meinung, dass das Hallenhockey ein ganz wichtiger Bestandteil unseres Verbandes ist. Die guten Leistungen unserer Teams beruhen zum Großteil auf der technischen Ausbildung der jungen Spieler in der Halle. Und deshalb sind wir auch nicht die Totengräber des Hallenhockeys, sondern haben im Gegenteil bewusst stark Einfluss darauf genommen, dass es jetzt international einen Fünf-Jahres-Kalender mit allen wichtigen Turnieren gibt, damit es nicht mehr so stark zu diesen terminlichen Interessenskonflikten kommt.

 

Ist das Thema also für die Zukunft erledigt?

Unsere Argumente aus dem November gelten nach wie vor. Das letzte Wort müssen die Bundestrainer haben, wenn es darum geht, ob ein A-Nationalspieler in der Halle spielt oder nicht. Natürlich möchte man immer mündige Spieler haben, die sich selbst für das eine oder andere entscheiden, aber die Vorgaben für die Nationalteams müssen unsere Bundestrainer machen – dafür haben wir sie als Fachleute angestellt. Und es steht auch mir nicht zu, ihnen da hereinzureden.

 

Wie sieht es mit dem Verhältnis zu den Top-Clubs aus?

Natürlich wissen wir, wie wichtig die Bundesligavereine für den Transport unseres Sports sind. Sie haben medial in den Regionen und Städten ein großes Gewicht. Aber sowohl wir als auch die Vereine müssen darüber im Klaren sein, dass die Bundesliga das höchste nationale Gut im Hockeysport ist, dem wir alle verpflichtet sind. Mir persönlich geht es in Bezug auf unsere Wertewelt zurzeit in die falsche Richtung, wenn es Usus wird, am Grünen Tisch Entscheidungen herbeiführen zu wollen, weil man mit Sachverhalten nicht einverstanden ist. Das DHB-Präsidium ist der Vertreter des gesamten Hockeysports in Deutschland – und da gibt es neben der Bundesliga noch ganz viele Ligen, Teams und Aktive, die diesem Sport mit unglaublich viel Spaß und Begeisterung nachgehen, relativ unbeeinflusst von der Bundesliga. Auch diesen sind wir verpflichtet.

 

Aber es ist doch auch verständlich, dass die Clubs ihre Interessen in den Vordergrund stellen…

Natürlich. Und man muss ja überhaupt nicht immer mit allem einverstanden sein, aber wenn nahezu jede Entscheidung, ja jeder Vorschlag seitens des DHB von vorneherein erst einmal kritisch betrachtet wird, dann berührt mich das schon. Es geht mir dabei weniger um den Respekt für mein Amt, sondern darum, dass das Feedback, was wir bekommen, immer kritisch ist. Es ist ganz klar, dass auch wir mal Fehler machen, aber ich sage auch ganz selbstbewusst, dass wir in den letzten fünf Jahren nicht allzu viel falsch gemacht haben. Es gab eine ganze Menge Projekte, die anfangs kritisch beäugt wurden, die dann letztlich nach der Umsetzung von fast allen für richtig gehalten wurden – was dann ja auch die Abstimmungen beim Bundestag gezeigt haben. Und die nationale und internationale Reputation, die der DHB genießt und die ja zuletzt beim Jubiläum in Hamburg recht deutlich von Personen wie Dr. Thomas Bach oder Leandro Negre betont wurde, kommt ja auch nicht von ungefähr. Intern scheint die Auffassung offenbar zum Teil anders zu sein…

 

Die Reform des Ligamodus bleibt ein kritisches Thema?

Wir sind bei den Endrunden so weit, dass wir diese als tolle Ereignisse präsentieren können. Wir erleben sehr spannende Spiele. Deshalb wäre es traurig, wenn wir von der Darstellungsform des „Fest des Deutschen Hockeys“ im Rahmen der Liga-Strukturreformen auf die alte Endrundenform zurückfallen würden. Ich hoffe, dass wir mit den Vereinsvertretern am Wochenende in Düsseldorf neben dem Platz mal in einen Dialog kommen, um offene Fragen zu diskutieren.

 

Wie stehen Sie persönlich zur Diskussion über den Modus?

Na ja, der Erfolg der Euro Hockey League, in der ja alle Clubs anstreben zu spielen, basiert auf einem Play-off-Modus. Es ist attraktiver, wenn man möglichst viele Spiele mit entscheidendem Charakter hat. Hinsichtlich der Abschaffung der Penaltys muss man sich ja auch fragen, ob es Sinn macht: Überall werden Penaltys gespielt, nur wir rudern zurück.

 
6. Mai 2024
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